Museumsgeschichte

Warum gibt es ein Urzeitmuseum im Nußdorf ?

Im Jahr 1981 lösten der Bau der Kremser Schnellstraße S 33 und der dazu notwendige Schotterabbau die bis dahin größte Rettungsgrabung der österreichischen Archäologiegeschichte aus. Die Erhebung von St. Pölten zur Landeshauptstadt im Jahr 1986 führte zu Industrieansiedlungen, Straßen- und Wohnbau im Umland, Modernisierungen in der Landwirtschaft führten zu Flurbereinigungen und Terrassierungen. Weitere großflächige Denkmalschutzgrabungen vor diesen Geländeveränderungen wurden notwendig, um archäologisches Erbe zu sichern.

Luftbild

Nußdorf verdankt sein Urzeitmuseum der Erschließung dieser einzigartigen archäologischen Fundlandschaft durch die Ausgrabungen des österreichischen Bundesdenkmalamtes und dem immer größer werdenden Interesse der Bevölkerung des Unteren Traisentals an „ihrem“ archäologischen Erbe. Seitens der Marktgemeinde Nußdorf ob der Traisen engagierten sich Bürgermeister Hort Völkl (1939 - 2005), Mitglieder des Gemeinderates, Gemeindebedienstete und zahlreiche Privatpersonen und Firmen aus der Region für die Verwirklichung eines Museums. Der Denkmalamtsarchäologe und Leiter der Ausgrabungen in den 1980er und 1990er Jahren, Univ. Prof. Dr. Johannes-Wolfgang Neugebauer (1949-2002), und seine Gattin Dr. Christine Neugebauer-Maresch planten die Ausstellung und verfassten zahlreiche Publikationen zu den neu entdeckten Fundstellen. Unterstützt wurden die Wissenschaftler von dem Grabungstechniker Alois Gattringer, der auch die Dokumentation des überwiegenden Teiles der Ausgrabungen angefertigt hat und zahlreichen Grabungsmitabeiter*Innen. Teilbereiche der Ausstellung und einige inhaltliche Schwerpunkte wurden im Rahmen einer Lehrveranstaltung von Studierenden des Institutes für Ur- und Frühgeschichte (heute Institut für Urgeschichte und historische Archäologie) der Universität Wien erarbeitet. Die professionelle Restaurierung der Funde lag in den Händen von Susanne Kosma, Michael Marius, Wolfgang Müller und Murat Yasar. Nach der Renovierung des Schlosskellers wurde im Obergeschoss des Gebäudes ein moderner Ausstellungsbereich eingerichtet und am 30. Mai 1993 feierlich eröffnet.

C-JW Neugebauer

 

Museumseröffnung

Bereits in der ersten Ausstellungsgestaltung waren Originalfunde in rekonstruierten Gräbern zu sehen. Im Falle von Ausgrabungsflächen, die später überbaut werden, ist die Erhaltung von freigelegten Gräbern und Siedlungsstrukturen nur seltenmöglich. Diese sogenannten Befunde wurden nach der vollständigen Dokumentation abgetragen, die Funde wurden konserviert und gemeinsam mit den dazugehörigen Grabungsunterlagen für weitere Forschungen und für die Öffentlichkeit aufbewahrt. Bei den großen Denkmalschutzgrabungen des Bundesdenkmalamtes ab 1981 wurden über 100 Fundstellenentlang des Unterlaufes der Traisen in den letzten Jahrzehnten erfasst, zum Teil überhaupt entdeckt und wissenschaftlich dokumentiert. Aus diesen Grabungen stammen die meisten Exponate im Urzeitmuseum. Im Jahr 2007 erfolgte mit Unterstützung der Kulturabteilung der niederösterreichischen Landesregierung eine umfassende Überarbeitung und Modernisierung der Ausstellung.

Museumsraum

An welcher Stelle wurde das Urzeitmuseum errichtet ?

Zentrum des 1083 erstmals genannten Ortes Nußdorf war das aus einer mittelalterlichen Burg hervorgegangene Schloss der Herrschaft von Nußdorf. Die baufällig gewordenen Gebäude des Ansitzes wurden in den Jahren 1860 bis 1864 abgetragen. Erhalten sind von dem Ensemble Teile der ehemaligen Wirtschaftsgebäude (heute das Gemeindezentrum), der durch den Abbruch des Schlosses auf der Freifläche entstandene „Schlossgarten“ und der Schlosskeller mit einer historistischen Fassade aus Spolien des Schlosses. Im neu gestalteten Obergeschoss des Schlosskellers befindet sich das Urzeitmuseum.

museumsort

Erhalten und betrieben wird das Urzeitmuseum Nussdorf-Traisental von der Marktgemeinde Nußdorf ob der Traisen. Die Funde stammen zum überwiegenden Teil aus den Ausgrabungen, die das Bundesdenkmalamt bis 2010 im Traisental durchführte. ergänzt wurde die Ausstellung mit einigen Objekten aus Privatbesitz und Leihgaben von wissenschaftlichen Institutionen. Bei der Neugestaltung des Museums 2006/2007 wurde der Fundbestand in den Vitrinen neu überarbeitet und archäologische Funde, die im heutigen Gebiet der Landeshauptstadt St. Pölten ausgegraben wurden an das Stadtmuseum St. Pölten übergeben.

Das Urzeitmuseum Nußdorf verfügt ausschließlich über die Schausammlung. Weitere Funde, die im Zusammenhang mit den Exponaten der Dauerausstellung stehen, werden vom Bundesdenkmalamt für die Republik Österreich verwahrt und verwaltet. Das jährliche Veranstaltungsprogramm und die wechselnden Sonderausstellungen organisiert der Verein „Kulturgenuss Traisental“ in Kooperation mit der Marktgemeinde Nußdorf und mit anderen ortsansässigen Vereinen.

Gibt es heute noch archäologische Ausgrabungen im Unteren Traisental?

Schon seit dem späten 19. Jahrhundert werden archäologische Ausgrabungen im Traisental durchgeführt. Einige Funde aus der „Frühzeit“ der Traisentaler Archäologie zeigen das Naturhistorische Museum in Wien, das Stadtmuseum in St. Pölten sowie das MAMUZ in Asparn an der Zaya. 

Nach der Zeit der großen Grabungen des Bundesdenkmalamtes (1981 - 2010) werden bis heute Baustellen im Unteren Traisental kontinuierlich von Archäologinnen und Archäologen darauf spezialisierter Grabungsfirmen begleitet. Das Bundesdenkmalamt ist zuständige Behörde für archäologische Grabungen und Funde in Österreich.

Ausgrabungen Traisental